Wer sich meine Rezensionen durchgelesen hat weiß: es wird persönlich. Ich bewerte die Bücher nicht rein objektiv, sondern auch wie sie auf mich wirken, was sie mit mir machen, wo und warum ich nachdenken musste und was ich daraus gelernt habe. Oder eben nicht. Wer sich meine Rezensionen durchliest, weiß: er*sie bekommt meine Meinung. Ausführlich und ungefiltert.
Vor allem bei Büchern die mir nicht gefallen, hadere ich immer ein bisschen meine persönliche Meinung zu teilen. Im Freundeskreis, aber ganz besondere öffentlich. Denn mir ist durchaus bewusst, dass meine Meinung eine gewisse Tragweite hat (sei es auch nur in meinem Freundeskreis) und manchmal auch dazu führt das jemand ein bestimmtes Buch eben nicht liest. Ich weiß auch wie viel Herzblut und Leidenschaft in so einem Buch steckt – nicht nur von der Autorin oder dem Autor selbst, sondern auch von der gesamten Maschinerie dahinter.
Ich bin schon lange Teil der Buchwelt. Im Hintergrund als stille Leserin und Zuschauerin. Seit neuestem mit meinem eigenen Buchblog. Und eines ist über die Jahre (fast) gleich geblieben: Es gibt Buch-Blogger*innen die teilen ausschließlich positive Meinungen zu Büchern, weil sie nicht anecken wollen. Weil sie weiterhin kostenlose Rezensionsexemplare abgreifen wollen. Und es gibt Autor*innen, die sich persönlich angegriffen fühlen wenn man es nicht tut. Wenn man keine positive Rezension schreibt. Sondern eine negative, einfach weil man das Buch wirklich nicht mochte. Ja, es gibt sogar Autor*innen, die ihre Fans regelrecht auf solche Blogger*innen hetzen, die eine kritische Rezension verfassen. Durch die massiv hohen Reichweiten, die unsere Community mittlerweile über Social Media generiert ist dieser Umstand nicht häufiger geworden – aber öffentlicher.
Und wirklich jeder, hat dazu etwas zu sagen. Fast schon regelmäßig bricht daher eine Debatte aus: wie viel persönliche Meinung darf eine Rezension erhalten? Darf sie es überhaupt? Womit müssen sich Autorinnen und Autoren abfinden? Wann dürfen sich diese zur Wehr setzten? Was geht zur weit? Was ist erlaubt? Gibt es Spielregeln?
Diese Debatten, diese Fragen sind auch der Grund warum ich oft hadere meine negative Meinung zu teilen. Ich möchte niemanden zu nahe treten. Möchte niemanden das Gefühl geben, ich würde seine Arbeit nicht Wert schätzen, nur weil sie mir nicht gefällt. Und doch halte ich es für wichtig seine eigene persönliche Meinung zu teilen. Auch dann, wenn man damit auf Gegenwind stößt. Erst Recht dann.
Denn wenn du Empfehlungen aussprichst, hast du damit auch eine gewisse Verantwortung. Und Autor*innen auf der anderen Seite müssen lernen ihre Geschichte nach der Veröffentlichung los zu lassen und sich die Anerkennung für Ihr Schaffen nicht in den Meinungen anderer Personen zu suchen. Was ich damit genau meine erfährst du gleich.
Autor*innen müssen lernen ihre Geschichte los zu lassen
Schreiben ist meistens eine wahnsinnig intime Sache. Schreiben ist Herzblut und Leidenschaft. In jedem Werk findet sich ein Stück von der Autorin oder dem Autor. Schreiben ist Persönlich.
Veröffentlichen hingegen nicht. Wenn du veröffentlicht gibst du die Zügel ab. Und deine Geschichte. Als Autor erschaffst du eine Welt, du erschaffst Leitplanken, als Leser musst du dich in diese Welt fallen lassen, dich auf die Geschichte einlassen. Das meine ich, wenn ich sage Autor*innen müssen Ihre Geschichte loslassen. Denn lesen ist ebenso eine wahnsinnig intime Sache. Wie eine Geschichte wahrgenommen wird, hängt nicht nur von den mitgegebenen Leitplanken ab, sondern von den eigenen Erfahrungen. Von den Wünschen und Sehnsüchten des Lesers. Die Geschichte des Schreibenden wird zu der Geschichte des Lesenden.
Gelingt es dem Leser nicht, in die Story einzutauchen, weil der Schreibstil vermeintlich schlecht war oder die Geschichte nicht gut, dann beruht das nicht auf dem versagen des Autors – sondern schlicht an der eigenen Wahrnehmung des Lesers. Eine persönliche Meinung zu dem Buch ist also genau das – persönlich.
Wenn jetzt also Fans des Buches oder der*die Autor*in selbst, sich öffentlich wegen einer schlechten Rezension aufregen, zeigt es meiner Meinung nach, dass man nicht in der Lage ist sich von seiner Geschichte zu distanzieren. Man ist nicht bereit dafür die Geschichte dem Leser zu überlassen und ihn eigene Erfahrungen machen zu lassen. Dann aber, sollte man überlegen, ob man seine Welten wirklich mit anderen teilen möchte oder lieber nur für sich selbst schreibt. Natürlich, ist es schwer seine Arbeit los zu lassen. Das ist mir klar. Nicht nur, weil so viel Zeit und Liebe darin steckt. Auch, weil man selbstverständlich Anerkennung für sein Schaffen erhalten möchte. Die Meinung des Lesers dafür zu nutzen, eignet sich dafür nur bedingt. Wie schon geschrieben, wird ein Leser niemals eins zu eins dieselbe Geschichte lesen, wie der Autor sie geschrieben hat. Warum die Anerkennung also nicht in der Veröffentlichung an sich suchen? In den vielen Menschen die einen auf dem Weg dahin begleitet und unterstützt haben? In den verkauften Exemplaren?
Und seien wir ehrlich. Gelingt es dem Autor nicht passende Grundlagen zu schaffen, passende Leitplanken mit zu geben, dann ist fundierte Kritik durchaus gerechtfertigt. Und tatsächlich auch, dass einzige das man objektiv an einem Buch bewerten kann: Logikfehler, Schreibfehler etc.
Warum persönliche Rezensionen unvermeidbar sind
Alles andere, alles was nicht zu diesen Leitplanken gehört kannst du als Leser nicht objektiv beurteilen. Eine Rezension wird immer persönlich sein, immer auf deinen Erfahrungen und deiner Bereitschaft beruhen, in die Geschichte zu tauchen.
Und genau deshalb wird sie auch gelesen.
Wenn du einem Buchblogger oder einem Creator auf TikTok folgst, dann weil dich seine*ihre Meinung interessiert. Weil die Person dir sympathisch ist und ihr einen ähnlichen Lesegeschmack habt. Dafür musst du die persönlichen Vorlieben und Meinungen von dieser Person kennen. Wenn du nach einer Buchempfehlung fragst, dann also Personen, von denen du weißt, dass ihr beide dieselbe Art von Buch bevorzugt. Du Vertraust auf die Meinung dieser Person.
Ein Buch zu empfehlen bringt also auch eine gewisse Art von Verantwortung mit sich. Und genauso verhält es sich auch mit Rezensionen im Internet. Wenn du dir also auf Grund einer Rezension ein Buch kaufst, gehst du davon aus das dir das Buch gefallen wird, das du dein hart verdientes Geld nicht zum Fenster herauswirfst. Manche können es sich auch einfach nicht leisten Bücher zu kaufen die ihnen nicht gefallen und sind daher auf Empfehlungen angewiesen. Daher ist es immens wichtig Ehrlich in Rezensionen zu sein und seine persönlichen Empfindungen zu teilen. Für für Buchblogger mit einer großen Community noch einmal besonders.
Dürfen Bücher-Rezensionen also eine persönliche Meinung beinhalten? Ja! Sie müssen sogar.
Wie siehst du das? Ich freue mich auf deine Meinung zu dem Thema in den Kommentaren.
Spannender Gedanke!
Das erinnert mich sofort an mein Studium der Anglistik, wo es u.a. auch um die Literaturwissenschaft ging (also die Analyse von relevanten Texten der englischen udn amerikanischen Geschichte). Dort haben wir auch über Mimesis gesprochen. Glaube das hat ursprünglich Aristoteles auf Literatur bezogen und bedeutet so viel wie „Kunst ahmt die Wirklichkeit nach“. Daher bin ich voll und ganz auf der Seite, dass ein Autor definitiv seine Erlebnisse mit einbeziehen sollte. Er (oder Sie) muss es nicht, es gibt auch genug völlig fiktive Geschichten, die trotzdem starke Werke sind.
Da bin ich absolut bei dir, liebe Klara!
Dein Kommentar hat mich eben zum nachdenken gebracht. Du hast nämlich absolut recht: es gibt viele wundervolle Bücher die rein fiktiv sind und nichts mit dem oder der Autor*in zu tun haben. Ob es für die Schaffenden solcher Werke einfacher ist, sich zu distanzieren? Einfacher, Kritik anzunehmen, weil sie eben „weniger persönlich“ sind?
Ich gebe Dir Recht. Eine Rezension muss immer persönlich sein. Jedes Buch ist anders und wird dementsprechend auf die Leser/-innen unterschiedlich wirken (basierend auf ihre Lebenserfahrungen). Solche Meinungen können den Autoren/-innen und Lesern/-innen gleichermaßen helfen, indem sie eine konstruktive Auseinandersetzung mit verschiedenen Aspekten eines Buches ermöglichen. Danke für deinen Beitrag.
Lieber Tim, Danke dir für deinen Kommentar!
Ich finde es sehr wertvoll, dass du schreibst das durch Renzensionen den Leser*innen und Autor*innen eine konstruktive Auseinandersetzung mit verschiedenen Aspekten ermöglicht wird. Genau das finde ich an Rezensionen nämlich so toll: sie ermöglichen einen neuen Blickwinkel. Und manchmal kann eine andere Perspektive auf ein Thema unglaublich wertvoll sein und den eigenen Horizont erweitern.
Huhu,
als ich die Überschrift des Artikels gelesen haben, habe ich tatsächlich erstmal gestutzt. Dürfen sie? Ich finde, sie müssen! Wenn es nur EINE allgemeingültige Meinung gäbe, könnten wir uns das Rezensieren sparen. Es bräuchte keine Bewertungsportale, wenn es nicht unterschiedliche Meinungen geben dürfte.
Wie du schon sagst, jeder liest einen Text unterschiedlich. Geht mit unterschiedlichen Vorerfahrungen und Erwartungen an eine Geschichte und erlebt sie entsprechend anders.
Manchmal fällt es mir auch schwer, meine Kritik in Worte zu packen – meistens ist aber genau das Gegenteil der Fall. Die kritischen Rezensionen sind bei mir meist viel schneller geschrieben, weil ich dann ganz konkrete Gründe habe, was mir nicht gefallen hat. Und das finde ich immer wichtig – das man eben nicht sagt: „Das Buch war blöd“. Sondern: mir hat es nicht gefallen, weil…
Wenn ich unsicher bin, ob ich ein Buch kaufen soll, lese ich auch bevorzugt die kritischen Meinungen, um zu schauen, ob es Kritikpunkte sind, die mich auch stören könnten (unlogische Handlungsverläufe z.B.).
Ich verstehe allerdings, dass BloggerInnen auf negative Bewertungen aus Angst vor Hetze verzichten, vor allem, wenn sie schon schlechte Erfahrungen gemacht haben. Schade, dass es immer wieder zu solchen Situationen kommt. Warum sollte man nicht klar sagen dürfen, wenn man etwas mochte oder nicht mochte?! Solange man dabei sachlich und höflich bleibt…
Lieben Gruß
Anja
Huhu Anja,
lieben Dank für deine ausführliche Meinung zu dem Beitrag!
Ich bin da komplett bei dir und du sprichst auch einen ganz wichtigen Punkt an: Kritik muss respektvoll kommuniziert und vor allem sinnvoll begründetet sein.
Und wenn man das schafft, dann haben nicht nur Leser*innen etwas von ihr, sondern auch Autor*innen können solche Meinungen viel besser für sich verwerten und entscheiden, wie sie damit umgehen wollen.
Sonnige Grüße
Charlie